Arbeitsweise
Christiane Fleissner zeigt in ihren vielschichtigen Arbeiten das Übereinanderlegen von Zeit und Raum, von Stimmungen und Resultaten, die sie auf unterschiedliche Plexiglasscheiben teilweise als Foto direkt kaschiert oder dahinter legt. Die Oberflächenbeschaffenheit weist mattierte Flächen und glänzende Partien auf – lässt Vordergründiges verschwimmen und „zoomt“ dahinter liegende Schichten ganz scharf heran. Fleissners „Ereignislandschaften“ lassen den Betrachter zu einem Reisenden durch Zeit und Raum werden: in alten Fabriklandschaften blättert der Putz von den Wänden und auf dem Boden haben sich tiefe Pfützen gebildet, darin spiegeln sich Fensterscheiben und Türen – desselben Raumes, oder tut sich eine weitere Ebene auf, eine tiefer liegende, vergangene Schicht? Man ist sich nicht sicher, in welcher Zeitzone man sich befindet. Wie setzt die gelernte Bildhauerin die fotografischen Mittel ein – per Montage oder Doppelbelichtung?
Annika Schoemann
RAUM ZEIT
STRUKTUR
Begonnen hat die materielle Auseinandersetzung meiner Arbeit mit dem Arrangieren von Kontaktabzügen in unterschiedlichen zeitlichen Abfolgen. Alles im Hinblick auf größere Fotoarbeiten die wie Storyboards aus dem filmischen Bereich anmuten und es schaffen, teils ungewöhnliche Zusammenhänge herzustellen.
Zum Fixieren der Kontaktabzüge benutzte ich Scotchband, ein besonderer Tesafilm, der semitransparent und sehr beständig ist. Mit der Zeit wurde dieses Scotchband ein immer wichtigeres Element in meinen Arbeiten. Durch das Übereinanderkleben und Abdecken in mehreren Schichten kann ich verschiedene Fragmente in unterschiedlicher Intensität aus der Fotografie heraus modellieren.
Auch gefällt mir das Unprätentiöse dieses Materials.
Im Zuge der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Zeit und Zeitschichten, habe ich begonnen meine Fotografien (abgelichtete Zeit) mit einem Skalpell zu zerschneiden.
Dadurch kann ich jeweils andere Wahrnehmungsschichten von einander separieren und in den Vorder- oder Hintergrund legen.
Zum Beispiel durch trennen von Vegetation und Gestein, Natur und Architektur oder zeitlich weiter zurückliegende Elemente und ganz Aktuelle.
Bald nach den Anfängen kam auch der Wunsch auf, die Schichten räumlich voneinander zu trennen.
Durch unterschiedlich dicke Acrylglasscheiben kam die dritte Dimension in meine Arbeiten und sie wurden zu Wandskulpturen.
Auch die Kanten spielen eine wichtige Rolle und werden entweder geschnitten belassen, poliert oder eingefärbt.
Eine zusätzliche Schicht bildet die behandelte Oberfläche der Acrylglasplatte. Mit feinem Schleifpapier angeschliffene Flächen legen einen leicht milchigen Schleier über Teile des Bildes und verdichten sich von einem schrägen Betrachtungswinkel so, dass das Motiv fast völlig verschwindet. Die mit Klarlack behandelten Ausschnitte zoomen Teile des Bildes regelrecht heran, mit einer fast lupenartigen Wirkung. Manche Bereiche überdecke ich ganz mit farbigem Lack. Das Grundmotiv wird, meist transparent, auf die Rückseite der Platte gedruckt.
Durch zwei hintereinander montierte Acrylglasscheiben entstehen Arbeiten die in vier Bildschichten aufgebaut sind. Bei jeder Scheibe ist Vorder- und Rückseite bearbeitet.
Der Abstand zur Wand und zwischen den Scheiben kann variiert werden und spielt eine Rolle für die Bildwirkung, genauso wie die Materialstärke der Platten.
Die Dreidimensionalität der Wandarbeiten entsteht durch den mehrschichtigen Bildaufbau, den ich in Anlehnung an die Vorstellung von Zeitschichten entwickelt habe. Der Schritt zur frei im Raum stehenden Skulptur war für mich nicht weit, beinhaltet dieser doch lediglich das „Aufklappen“ und Neuzusammenfügen von Schichten. Ähnlich wie sich in wenigen Schritten aus einem Band eine Schleife legen lässt.
Bei all diesen Überlegungen liegt für mich immer die Fotografie, ein aus der Zeit genommenes Fragment der abgelichteten Wirklichkeit, zugrunde, und bedingt jeden Schritt meiner Umsetzung.